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Kreuzbandriss beim Hund

Wenn wir an einen Kreuzbandriss denken, fällt uns meist zu allererst ein Fußballspieler ein, der im Spiel ein Trauma (z.B. Zusammenstoß mit anderem Spieler) erlitten hat und auf dem Platz niedergeht. Anders als beim Menschen ist der Kreuzbandriss beim Hund allerdings sehr selten traumatisch bedingt. Die Ursache liegt in der Biomechanik des Kniegelenks.

Ursache des Kreuzbandrisses beim Hund

Beim Hund reißt zu 98 % das vordere Kreuzband. Bei allen anderen Säugetieren (Katzen, Menschen, Pferden etc.) liegt das Verhältnis vom hinteren zum vorderen Kreuzband 50:50. Zudem ist es bei diesen meist traumatisch bedingt – nicht chronisch degenerativ wie beim Hund.

Um die Ursache des Kreuzbandrisses zu verstehen, lohnt es sich zuerst die Anatomie des Kniegelenks genauer anschauen. Keine Sorge – diese ist in diesem Fall alles andere als langweilig!

Das Kniegelenk bei Säugetieren besteht aus drei Knochen: Dem Oberschenkelknochen, dem Schienbein und dem Wadenbein. Es ist ein zusammengesetztes Gelenk bestehend aus dem Kniekehlgelenk und dem Kniescheibengelenk. Die Kreuzbänder liegen innerhalb des Kniekehlgelenks und sorgen neben den Seitenbändern, Menisken, der Gelenkkapsel und Muskulatur für die Stabilität des Gelenks.

Nun zu den Unterschieden: Das vordere Kreuzband ist am Oberschenkelknochen und Schienbein so fixiert, dass es zwangsweise spiralförmig in sich gedreht ist. Man kann sich das wie ein Gummiband vorstellen: Dreht man dieses Gummiband nun mehrfach in sich und zieht an diesem, verändert es die Farbe (wird dünner) und man sieht, wie schnell sich Risse bilden. Durch die Drehung des Kreuzbandes entstehen Reibungskräfte zwischen den einzelnen Fasern, die durch jede Bewegung verstärkt werden. Dies fördert die Abnutzung des Bandes.

Da der Hund zudem mit seiner Hintergliedmaße permanent in Beugestellung steht, herrscht ein ständiger Zug auf das vordere Kreuzband. Die Beugestellung wird dadurch verstärkt, dass das Schienbein des Hundes nicht horizontal, sondern abschüssig steht. Das vordere Kreuzband muss also den Oberschenkel vom Abrutschen vom Schienbein bewahren und ist dadurch zusätzlich ständig unter Zug. Als wäre das nicht genug, weist das vordere Kreuzband auch noch eine schlechte Durchblutung auf, wodurch die Regeneration der Fasern verhindert wird.

Irgendwie bekommt man doch den Eindruck, dass evolutionsbiologisch etwas schief gelaufen sein muss, oder? Interessanterweise weiß die Wissenschaft bis heute nicht, warum das vordere Kreuzband des Hundes so aufgebaut ist.

Es wird vermutet, dass die im Bild rot gekennzeichneten Knöchelchen (Vesalische Sesambeine) hinter dem Kniekehlgelenk quasi als „Briefbeschwerer“ dienen könnten, um die Kräfte beim „schlecht gestalteten“ vorderen Kreuzband auszugleichen. Denn nur der Hund weist diese auf.

Symptome des Kreuzbandrisses beim Hund

Da der Kreuzbandriss eine „Abnutzungserscheinung“ ist, kann grundsätzlich jeder Hund jeder Altersklasse betroffen sein. Häufig sind es Hunde im Alter von 4-7 Jahren.

Die Symptome sind meist sehr eindeutig: Zu 90 % leiden die Hunde an einer plötzlichen, hochgradigen Lahmheit samt Quietschgeräuschen. Die betroffene Gliedmaße wird seitlich hochgetragen und nicht mehr belastet. Meist ist kein erkennbarer Grund vorhanden. Einige wenige Hunde zeigen keinerlei Schmerzsymptome.

Wie geht’s weiter?

Der Weg führt zunächst zum Tierarzt. Dieser wird mittels Röntgen, MRT und verschiedenen Tests den Kreuzbandriss diagnostizieren. Häufig ist eine Operation angezeigt. Nicht selten reißt kurze Zeit später das Kreuzband des anderen Beins, weil dies der zusätzlichen Belastung nicht mehr standhalten kann.

Nach der Operation gibt es diverse physiotherapeutische Maßnahmen, die die Heilung beschleunigen können:

  • Kälte- und Wärmetherapien (je nach Zustand)
  • Elektro-, Laser- oder Farblichttherapie zur Schmerzlinderung
  • Massage der überlasteten Strukturen
  • passive Bewegungsübungen und Dehnungen
  • Isometrische Übungen
  • Aktive Bewegungstherapie

Der Hundebesitzer kann durch diverse Übungen zu Hause die Heilung beschleunigen. Die Prognose ist in der Regel gut. Zu beachten ist allerdings, dass jeder chirurgische Eingriff ins Gelenk später die Ausbildung einer Arthrose zur Folge haben kann. Hier lohnt es sich Vorbeugemaßnahmen zu treffen.